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1 Zur Einführung
Dies ist die LiteFassung des Studien|Doku|Gedenkblogs für Erna Kronshage für einen kompakten Überblick - kurz & knapp in einer leichten Sprache.
ich will dir
nicht langatmig
die welt von
vor 80 jahren
erklären
als eine art "lotse"
habe ich in wort- und bild-medien
das nazi-"euthanasie"-leidensporträt
um meine tante erna kronshage
in den unterschiedlichen memorial-blogs
möglichst realistisch nachgestaltet
und unterschiedlich umfangreich erzählt,
um dieses ungeheuerliche geschehen
als ständige mahnung weiterzugeben ...
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2 ERNA KRONSHAGE -
Foto: coloriert | Privat-Archiv |
ERNA KRONSHAGE [link]
geboren 12.12.1922
ermordet 19. od. 20.02.1944
EIN OPFER DER NS-ZWANGSSTERILISATION UND DER "EUTHANASIE"
3 Kindheit & Schule
Ernas Heimat-Landschaft, die "Senne", beginnt südlich von Bielefeld und erstreckt sich bis nach Paderborn.
Die Senne wird seitlich begrenzt vom Teutoburger Wald und vom Eggegebirge und auf der anderen Seite vom Münsterland.
Die Senne wird seitlich begrenzt vom Teutoburger Wald und vom Eggegebirge und auf der anderen Seite vom Münsterland.
Erna
wird 2 Wochen vor Weihnachten
am 12. Dezember 1922
in Senne II (heute heißt das „Sennestadt“) – nahe dem Bahnhof „Kracks“ – geboren.
Sie ist das 11. und jüngste Kind.
Die
Familie Kronshage lebt und arbeitet auf einem
Bauern-Hof in der Senne, – und der Vater arbeitet
halbtags als Tischler in einer Fabrik.
Foto: coloriert | Privat-Archiv |
Dies
ist das Bauern-Haus, in
dem Erna Kronshage
geboren
wird, lebt und
später dann arbeitet.
Das Bauern-Haus - der
sogenannte "Mühlenkamp" - heute
(Foto: Privat-Archiv) |
Foto: coloriert | Privat-Archiv |
Als
Jüngste und Kleinste wird
Erna hauptsächlich von
ihren großen
Geschwistern
„erzogen“.
Erna
ist das „Nest-Häkchen“ und
wird sicherlich entsprechend
Erna - ca. 8 Jahre alt
Erna
ist eine gute Schülerin. Das
Lernen macht ihr
Spaß.
So
sieht es 1935 in
einer Schul-Klasse aus.
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Reproduktion: Privat-Archiv |
Mit
einem (sehr) guten Zeugnis
geht Erna 1937 nach
8 Schuljahren von der Schule. (Notenschnitt: 1,78)
1933: Die NS-Zeit beginnt
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1933: Die NS-Zeit beginnt
Ab 1933 ist Adolf Hitler Reichs-Kanzler in Deutschland und die schlimme Nazi-Zeit beginnt.
Erna ist da erst 10,5 Jahre alt.
Die Menschen jubeln den Nazis mehrheitlich zu und erhoffen sich viel Gutes.
Aber ab 1939 beginnt Hitler den furchtbaren 2. Weltkrieg.
Gleichzeitig sollen Menschen ausgegrenzt werden, die die Nazis als verkrüppelt, schwach und seelisch „krank“ ansehen.
Auch die Juden sollen ganz aus der Öffentlichkeit verschwinden.
4 Arbeit als "Haus-Tochter" - Schock durch Bomben - Großfamilie | Kleinfamilie
Nach
ihrer Schul-Zeit arbeitet Erna als „Haus-Tochter“ zu Hause auf dem Bauern-Hof
mit.
„Haus-Tochter“
ist damals eine Tätigkeit für junge Frauen, um bis zur eigenen Hochzeit die
Arbeiten als „Haus-Frau“ durch eigenes Mittun zu erlernen.
Erna
muss jetzt immer öfter ganz allein mit ihren Eltern auf dem Hof arbeiten.
Die
Brüder sind jetzt Soldaten, weil der Krieg begonnen hat – und die älteren
Schwestern haben inzwischen eigene Familien.
Foto: coloriert | Privat-Archiv |
Hier
kurvt Erna mit dem großen Hand-Wagen
um die Hof-Eiche.
Am
Baum lehnen Fahrräder von
Leuten, die vom nahen Bahnhof jeden Tag mit dem Zug zur Arbeit fahren.
Erna
muss mit auf diese Fahrräder tagsüber
aufpassen, damit sie nicht gestohlen werden.
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Der Krieg erreicht die Senne
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Der Krieg erreicht die Senne
Plötzlich
- im Frühjahr 1940 - kommt der Krieg auch bis in die Senne.
Ein
einsamer englischer Flieger wirft seine Bomben-Last
auf den Guts-Hof gegenüber.
Das
ist nur 100 Meter von Ernas Bauernhof entfernt.
Erna
ist schockiert, denn eine fast gleichaltrige Nachbarin stirbt dabei.
Der
Hof ist kurz und klein zerbombt.
Erna
ist so erschrocken, weil das Unglück
so nah vor der Haustür passiert.
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Großfamilie - Kleinfamilie
Aus
der Groß-Familie Kronshage mit den 10 Geschwistern wird eine
Klein-Familie, denn Erna wohnt jetzt allein mit den Eltern zu Haus.
Sie
fühlt sich deshalb immer einsamer.
Sie
sehnt sich nach gleichaltrigen Freunden, mit denen sie quatschen kann.
Ihre
Eltern sind schon über 40 Jahre älter als sie.
Für
sie allein wird die Arbeit zu schwer.
Sie
will mal Ferien machen und ausspannen.
5 Einweisung Heil-Anstalt Gütersloh - Schizophrenie
Foto: coloriert | Privat-Archiv - Quelle: unbekannt |
Jetzt
im Krieg ist die Arbeit auf einem Bauern-Hof ganz besonders wichtig, weil die
Lebensmittel so knapp geworden sind. Die Nazis haben dazu sogar entsprechende
Regelungen erlassen.
Da
wird jede Hand beim Pflanzen und Ernten und beim Vieh-Füttern und Kühe-Melken
benötigt – und auch Jugendliche wie Erna sind zum Dienst verpflichtet.
Im
Oktober 1942 verweigert aber Erna Kronshage ihre Mitarbeit auf dem Hof.
Sie
schimpft mit den Eltern und hat keine Lust. Sie will sich erholen, weil sie
sich schlapp fühlt von der schweren Arbeit, die nun auf ihr lastet.
Ernas
Mutter muss diese plötzliche Arbeits-Verweigerung – dieses „Blau-Machen“ – der
Gemeinde-Fürsorgerin melden.
Das
ist eine „Braune Schwester“ – die man so nennt wegen der braunen
Nazi-Schwesterntracht – und die hat die Aufgabe, solche Störungen zu überwachen
und weiterzumelden.
Denn
die Arbeit auf dem Hof muss ja getan werden.
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Amtsärztliche Untersuchung
Die
„Braune Schwester“ sorgt nun dafür, dass Erna zu einer ärztliche Untersuchung
ins Gesundheits-Amt muss.==============================================
Amtsärztliche Untersuchung
Hier
bittet Erna selbst den Arzt darum, in die Heil-Anstalt nach Gütersloh zu
kommen, um sich dort zu erholen und wieder arbeitsfähig zu werden.
Ihre
Schwester Frieda hat sie dazu überredet.
Die
war 3 Jahre vorher dort gewesen wegen eines seelischen Ausnahme-Zustandes nach
einem Streit am Arbeitsplatz.
Aber
nach 4 Wochen war Frieda dort wieder ganz fit – und die Zeit dort hatte ihr
gutgetan.
Ernas
Eltern sind aber gegen die Einweisung nach Gütersloh, weil Ernas Mitarbeit auf
dem Hof doch so dringend erforderlich ist.
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Foto: coloriert | Privat-Archiv - Quelle: unbekannt |
Erna
ist ganz durcheinander und benötigt deshalb dringend eine Aus-Zeit.
Sie
schwatzt deshalb ihrem Vater die Einweisungs-Papiere vom Amts-Arzt ab – und
übergibt sie einem Streifen-Beamten der Polizei. Der parkt dort ganz zufällig
in der Nähe.
Und
so fährt man sie dann mit Polizei-Streife und in Begleitung der inzwischen
alarmierten „Braunen Schwester“ in die Heil-Anstalt nach Gütersloh.
Erna
setzt damit ihren Kopf durch – am Willen ihrer Eltern vorbei.
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Heil-Anstalt Gütersloh
Und doch: Sie versucht ja auch, etwas für sich zu tun – sie lässt sich nicht hängen. Sie zeigt, dass sie bei allem Gegen-Wind endlich wieder fit werden will
Heil-Anstalt Gütersloh
Foto: coloriert | Privat-Archiv - Quelle: zeitgenössische Postkarte |
Die
Heil-Anstalt Gütersloh ist damals eine Gesundheits-Fabrik – bestehend aus
mehreren Krankenhäusern und Heimen – mit weit über 1000 seelisch gestörten Menschen.
Drinnen
sind die Fluren lang und unpersönlich. manche Fenster sind vergittert
Nazi-Ärzte
und Krankenschwestern haben das Sagen.
Es gibt getrennte Frauen- und Männerbereiche.
Es gibt getrennte Frauen- und Männerbereiche.
Beide Fotos: coloriert | Privat-Archiv - Quelle: links: unbekannt -
rechts: ns-psychiatrie-pfalz
|
Für Erna ist der Aufenthalt dort eine riesengroße Umstellung: Das Krankenhausklima hat nichts von der Gemütlichkeit, die sie von Zuhause kennt. Es riecht nach Reinigungsmitteln und Medikamenten – und manche Menschen dort halten laut Selbstgespräche und sind verwirrt. Geschlafen wird in einem großen Bettensaal.
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Schizophrenie
In
Gütersloh angekommen, führen Ärzte dort eine erste Untersuchung durch und
füllen Fragebogen aus.
Erna
ist aufgeregt und stammelt herum. Der Aufnahme-Arzt meint, sie sei abweisend
und schnippisch.
Aber
sie versteht diesen Aufwand nicht – und eine solche Situation macht ihr Angst.
Sie
will ja nur eine Auszeit zur Erholung und Wiederherstellung ihrer Arbeitskraft.
Die
Nazi-Ärzte dort aber bezeichnen Ernas Unlust und Arbeitsverweigerung jetzt
sogar als eine schwere Geistesstörung mit dem Namen „Schizophrenie“.
Sie
sind damals der Ansicht, Schizophrenie sei eine seelische Störung, die nur von
den Eltern und deren Vorfahren weitergereicht werden kann. Schizophrenie könne
sich nur entwickeln, wenn man dazu veranlagt sei.
• Bei dieser Störung lässt sich
Wirklichkeit, Traum oder Fantasie nicht mehr unterscheiden. Alles fließt
ineinander.
• Die wirklichen oder eingebildeten
Erlebnisse sind in einer Schizophrenie wie in viele kleine Scherben
zersplittert.
• Oft hört man Stimmen oder sogar
Befehle - aber niemand spricht tatsächlich, und es sind Einbildungen.
Es ist interessant und grausam zugleich, wie Erna Kronshage aufgrund individueller, familiärer, sozialer und institutioneller Umstände in eine Krise geraten ist, die nach der herrschenden nationalsozialistischer Ideologie biolog(ist)isch-eugenisch interpretiert wird und letztlich zu ihrer Ermordung führt. Die Gründe, warum sie in diese Krise kam, werden sich nicht endgültig klären lassen, aber es gibt ja ein paar Anhaltspunkte, die aber bei der Aufnahme und der Diagnosestellung vollkommen ausgeblendet werden.
Wie in der heutigen Zeit ein Mensch mit der Diagnose "Schizophrenie" seine Erkrankung beschreibt lesen Sie hier .... -
Es ist interessant und grausam zugleich, wie Erna Kronshage aufgrund individueller, familiärer, sozialer und institutioneller Umstände in eine Krise geraten ist, die nach der herrschenden nationalsozialistischer Ideologie biolog(ist)isch-eugenisch interpretiert wird und letztlich zu ihrer Ermordung führt. Die Gründe, warum sie in diese Krise kam, werden sich nicht endgültig klären lassen, aber es gibt ja ein paar Anhaltspunkte, die aber bei der Aufnahme und der Diagnosestellung vollkommen ausgeblendet werden.
Wie in der heutigen Zeit ein Mensch mit der Diagnose "Schizophrenie" seine Erkrankung beschreibt lesen Sie hier .... -
und hier
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"Aktivere Kranken-Behandlung" - die Beschäftigungs-Therapie
"Aktivere Kranken-Behandlung" - die Beschäftigungs-Therapie
Foto: coloriert | Privat-Archiv - Quelle: unbekannt |
In
Gütersloh gibt es Beschäftigungs-Angebote für die geistig verwirrten Menschen.
Von
solcher Arbeit und Beschäftigung verspricht man sich, dass die innere
Zerrissenheit wieder geordnet und innere Spannungen abgebaut werden.
Das
Herum-Grübeln und das Heimweh soll verhindert werden.
Erna
wird zum Kartoffel-Schälen und zur Arbeits-Kolonne in der Gärtnerei
abkommandiert – das kennt sie ja schon von Zuhause.
Foto: coloriert | Privat-Archiv - Quelle: erfweiler2.de |
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Cardiazol-Schock-Behandlung
Foto: coloriert | Privat-Archiv - Quelle: pharmakoteka |
Foto: welt.de |
Foto: Filmstill The Ward | avaxhome |
Zusätzlich
zum Beschäftgungs-Angebot werden zum inneren
Spannungsabbau bei Menschen mit Schizophrenie künstlich epileptische
Krampf-Anfälle ausgelöst.
Das
geschieht mit dem Mittel „Cardiazol“, das in die Arm-Beuge gespritzt
wird.
Zum
Schutz vor Zungen-Bissen wird eine Beiß-Rolle aus Verbandsmull zwischen die
Zähne gepfropft.
Zunächst
stellen sich starke Angst-Gefühle ein – und nach ein paar Minuten bricht der
Anfall mit Zuckungen, Verkrampfungen und einer tiefen Bewusstlosigkeit los.
Hinterher
fühlt sich Erna völlig matt und verwirrt und kann sich kaum mehr an irgend
etwas erinnern.
Nach
einigen Anfalls-Serien stellen sich anstelle irgendwelcher Besserungen eher
Horror-Empfindungen und eine panische Angst davor ein…
„Cardiazol-Schocks“ dienen deshalb im
Anstaltsalltag eher einer Bestrafung als der Entspannung …
6 "Unfruchtbarmachung" | Zwangssterilisation
Reproduktion:| Privat-Archiv | ErbGesAkte Erna Kronshage |
Foto: coloriert | Privat-Archiv - Quelle: unbekannt |
1934
erlassen die Nazis ein neues Gesetz. Es heißt: „Gesetz zur Verhütung erbkranken
Nachwuchses“.
Darin
wird festgelegt, dass Menschen mit besonderen seelischen Störungen oder
Behinderungen keine Kinder bekommen dürfen.
Man
nimmt damals nämlich an, dass die Kinder, Enkel oder Urenkel dieser Menschen
dann ebenfalls seelisch krank oder behindert sein können. Und das soll
verhindert werden.
Behinderte
oder Kranke sind nämlich für die Nazis nutzlos und überflüssig, denn sie kosten
nur Geld und bringen nichts ein.
Bei
der Durchführung dieses Gesetzes sind viele beteiligt: Ärzte, Anstalten, die
Polizei, Gesundheitsämter usw.
Kaum
jemand wehrt sich – alle machen mit oder müssen mitmachen…
Und
so hat der Anstaltsleiter von Gütersloh, Dr. Hartwich, für Erna Kronshage auch einen Antrag auf
„Unfruchtbarmachung“ geschrieben, denn die „Schizophrenie“ galt als eine dieser
vererbbaren Geistesstörungen bzw. seelischen Erkrankungen. Er fügt dem Antrag
Begründungen und Auszüge aus der Krankenakte bei.
Foto: coloriert | Privat-Archiv |
Reproduktion:| Privat-Archiv | Ausschnitte aus ErbGesAkte Erna Kronshage |
Der Vater von Erna hat noch das Sorgerecht, denn Erna ist noch nicht volljährig (damals mit 21 Jahren).
Er
wehrt sich gegen den Antrag auf Unfruchtbarmachung des Dr. Hartwich und legt
mehrfach Widerspruch ein.
Gleichzeitig
bittet er einige Male darum, Erna aus der Gütersloher Anstalt zu entlassen, da
er meint, Erna würde sich Zuhause am schnellsten wieder erholen.
Er
will Erna die Bauchoperation ersparen, die gemacht werden muss, damit sie nicht
mehr schwanger werden kann. Er ahnt aber vielleicht auch noch Schlimmeres …
Vater
Kronshage weiß, dass eine solche Operation
Erna noch mehr belasten würde.
Deshalb
entwickelt sich ein umfangreicher Briefverkehr zwischen der Anstalt, den
beteiligten „Erb-Gerichten“ und Ernas Vater.
Er
kämpft trotz angeschlagener Gesundheit für seine Tochter – und erzwingt mit
seinen Einsprüchen, dass sich mit dem Antrag zwei Gerichte nacheinander
befassen müssen …
Aber
leider – es ist ein ungleicher Kampf …
Foto: coloriert | Privat-Archiv |
Hier
trägt sie liebevoll einen kleinen Neffen auf dem Arm und erhofft sich bestimmt
auch für sich ein solches zukünftiges Lebensglück …
Da
sitzen am 29.03.1943 in der Heil-Anstalt Gütersloh ein Amtsgerichtsrat und zwei
Medizinal-Oberärzte am Tisch und bilden
damit das ausgelagerte mobile „Erb-Gericht Bielefeld“.
Diese
Herren beschließen im 20-Minuten-Takt über die „Unfruchtbarmachung“ und damit
das Lebensglück von insgesamt 11 Patienten.
Erna
Kronshage wird als dritter „Fall“ von 8.40
bis 9.00 Uhr „vorgeführt“: Ohne Anwalt oder Beistand wird über diese das ganze
Leben verändernde endgültige Maßnahme von diesen Männern entschieden …
Erna
ist sehr aufgebracht vor innerer Unsicherheit und Scham und muss deshalb bei
der Anhörung auch mal laut „auflachen“.
Auf
die Frage der Herren, warum sie denn lache, antwortet sie schlagfertig mit dem
Satz : „Mein
Lachen ist Weinen“ …
Und
in der Protokoll-Notiz zum Beschluss des „Erb-Gerichtes Bielefeld“ steht
dann: „In
der mündlichen Verhandlung machte Erna Kronshage
einen gespannten Eindruck und lachte ohne Grund auf. Sie äußerte, ihr Lachen sei Weinen“...
Mit
dieser Notiz glaubte das Gericht die von Vater Kronshage stark angezweifelte
„Schizophrenie“-Erkrankung Ernas nun mit bestätigen zu können.
Aber
die 20-jährige Erna lacht ja, um nicht Losheulen zu müssen, weil sie sich ihrer
Tränen vor diesen Männern schämen würde – denen sie da in solch einer heiklen
und persönlich tiefgehenden Fragestellung allein ausgeliefert ist…
Es
hilft aber alles nichts:
Nach
Beschluss vom 3. Juli 1943 des Erb-Obergerichtes in Hamm wird Erna Kronshage am 4. August 1943 im Krankenhaus
in Gütersloh von einem Dr. Stüwe operiert und „unfruchtbar“ gemacht.
Dabei
werden in einer Unterbauch-Operation die beiden Ei-Leiter unterbrochen, so dass
Erna nicht mehr schwanger werden kann.
Dr.
Stüwe notiert in seinem „Ärztlichen Bericht: „Die Wunde heilte in 7 Tagen ohne
Neben-Erscheinungen“.
Für
Erna war das alles sicherlich ein schrecklicher und tief belastender Einschnitt
– im wahrsten Sinne des Wortes …
Eingriff - illustrierendes Photo - Quelle unbekannt |
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